Gruppenunterricht - neuer Trend? Mein persönlicher Erfahrungsbericht

Was ist ein guter Lehrer?

Wenn ich zurückschaue, dann gab es für mich drei Arten von Lehrern. 1.) Lehrer, die mich weder persönlich noch mit ihren Inhalten erreichen konnten 2.) Lehrer, die mir gut, strukturiert und fundiert ihr Wissen beibringen konnten 3.) Lehrer, die mein Leben grundlegend verändert, geprägt und bereichert haben, indem sie es schafften, meine Kreativität und Begeisterung zu wecken und mich dazu zu motivieren, tief in mir verborgene Kräfte und Ideen freizusetzen. Das, was sie mich lehrten, war auf eine gewisse Art der Schlüssel zu meiner Kreativität und meinem innersten Potential; es waren die Hilfsmittel, mit denen ich in meine ganz eigene Welt tauchen und Projekte entwickeln/erschaffen konnte, die zu 100 Prozent meine eigenen waren.

Den richtigen Lehrer finden

Zwei solcher Lehrer waren meine ehemalige Klassenlehrerin und mein Coach/Mentorin Deborah Henson-Conant. Deborah Henson-Conant, die amerikanische Jazz-Harfenisten-Ikone, erlebte ich zum ersten Mal als Teenager live in einem Konzert in Frankfurt und seitdem ließ mich der Wunsch nicht mehr los, irgendwann von ihr zu lernen. Zufällig las ich 2014 in einem Newsletter von einem 10-wöchigen Online-Kurs von Deborah und ich war sofort Feuer und Flamme!

Eröffnung einer neuen Welt

Ich meldete mich also an und sofort ab dem ersten Kurs-Tag tauchte ich ein in eine völlig neue, spannende und aufregende Welt voller neuer Eindrücke, Ideen, positiver Energie und unzähliger Motivationsquellen.

 

Der Kurs war so aufgebaut, dass man in wöchentlichen Modulen mit aufeinander aufbauenden Themen in Video- und Textanleitungen verschiedene Strukturen und Muster zur Improvisation und zum Arrangieren erlernte. Für jede Struktur gab es auch spezifische Spiel-Anleitungen und Ideen und jeder Kursteilnehmer konnte die Strukturen seinen Vorlieben und seinem Könnens-Stand entsprechend auf sein eigenes Harfenspiel anwenden. Außerdem gab es wöchentliche Hausaufgaben und ein Abschluss-Projekt, welches jeder Teilnehmer auf Video aufzeichnen und einsenden konnte. Deborah gab auf jedes eingesendete Video persönliches Feedback und viele Tipps und selbstverständlich konnten auch die anderen Kursteilnehmer die Videos sehen und nach bestimmten Richtlinien (nämlich nur positiv!) kommentieren.

 

Als oberstes Ziel galt hierbei: Trau Dich, „unperfekt“ zu sein, experimentiere, sei ein Anfänger, ein Entdecker! Probiere alles aus, sei wie ein Kind und mache so viele Fehler wie möglich, denn aus ihnen wirst Du lernen und Mut schöpfen. Schau bei anderen nicht auf die Dinge, die Du vielleicht anders machen würdest, sondern entdecke die Dinge, die Dich ansprechen, die Dich motivieren und von denen Du lernen kannst. Urteile nicht negativ, sondern positiv. Gib jedem seinen Raum und lasse auch Dir Deinen Raum. Lerne, alles Ängste, Blockaden und Fehler wertzuschätzen und Dich durch sie weiterzuentwickeln. Begreife, dass unser Ziel als Musiker nicht die Perfektion ist, sondern Autenthizität, Hingabe und die Übertragung von Emotionen.

 

Diese Kurs-Struktur hatte damit nicht nur den „normalen“ Lerneffekt, sondern es entwickelte sich eine unglaubliche Gruppendynamik, in der zwischen den Teilnehmern eine ganz besondere, produktive und freundschaftlich-unterstützende Beziehung aufgebaut wurde. Nicht nur lernten wir alle von Deborah, sondern auch voneinander. Jeder brachte nämlich seinen ganz eigenen Stil, seine eigenen Ideen und sein Können in seine „Hausaufgaben“ mit ein und wir alle konnten nicht nur staunen und loben, sondern eben auch die Dinge, die uns ansprachen, für uns lernen und in unser eigenes Spiel einbringen.

 

Nach diesem ersten Kurs belegte ich alle Kurse, die Deborah über die Jahre anbot, bis hin zum speziellen Coaching-Programm „Harness Your Muse Mentorship“ (übrigens auch ein Gruppenprogramm mit einigen wenigen, unglaublich talentierten und kreativen Harfenisten aus der ganzen Welt!).

 

Die zwei Dinge, die sich für mich in dieser Zeit herauskristallisiert haben, sind folgende:

 

1.) Lernen in einer Gruppe ist eine enorme Bereicherung von unschätzbarem Wert

2.) Als idealer Lehrer sollte man nicht nur Wissen vermitteln, sondern seinen Schüler anregen und befähigen, seine ganz eigene, innere Kreativität zu erwecken und sein individuelles Potenzial gänzlich auszuschöpfen.

Auswirkungen auf mein eigenes Unterrichten

Es versteht sich von selbst, dass sich meine Konzerttätigkeit und die Art meines Spiels seid Deborahs Kursen grundsätzlich veränderten und mir eine ganz neue Freude an meinem Instrument bescherten.

 

Einen etwas langsameren, aber nicht weniger bedeutsamen Wandel zeichnete sich aber auch in meiner Art des Unterrichtens ab. Ich wollte unbedingt meinen eigenen Schülern das weitergeben, was mich selbst so verzaubert und begeistert hatte. Neben meinem Einzelunterricht verspürte ich immer mehr den Drang, Gruppen zu unterrichten und in Workshops oder fortlaufenden Kursen das weiter zu vermitteln, was mich selbst so begeistert hatte.

Nachdem ich seit 2015 mehrere Wochenend-Workshops in Eigenregie oder bei Harfenfestivals gegeben hatte, startete ich im August 2016 meinen ersten fortlaufenden Gruppenkurs. Dieser Kurs ist in Blöcken von 8-10 Wochen aufgebaut mit jeweils einem Themenschwerpunkt wie "Erste Schritte auf der Harfe", "Keltische Musik" oder "Spielpraxis durch Improvisation".

Folgende Ansätze bilden die Grundlage für meine Kurse:

1.) Ein Umfeld, indem sich jeder geborgen und sicher fühlt. In dem er sich traut, neue Dinge auszuprobieren, Fehler zu machen und aus seinen Fehlern zu lernen. Ein Umfeld, in dem er ermutigt und beschützt wird, in dem er Inspiration findet, er selbst sein darf und sich traut, sein Herzblut in sein Spiel zu stecken.

 

2.) Eine Struktur, bei der von Anfang an neben der richtigen Technik und dem Notenlernen an der Harfe vor allem auch das Spiel nach Harmonien, sowie leichte Improvisationsanleitungen gelehrt werden.

 

3.) Regelmäßige kreative Aufgaben, bei denen jeder sein eigenes Arrangement entwickeln und erarbeiten und dann den anderen vorstellen kann. Für mich und für viele Kursteilnehmer sind das die schönsten Momente, wenn man erstaunt und überwältigt ist von den Ideen und dem besonderen Talent des anderen und gleichzeitig motiviert wird, genau diese Ideen und Ansätze auch mal auszuprobieren.

 

4.) Es ist meine Überzeugung, dass das Spiel in der Gruppe mehr Ideen freisetzt, das Selbstvertrauen stärkt, mehr Spaß macht, lockerer und zugleich intensiver ist und die einzelnen Teilnehmer enorm motiviert, während es neben den vordergründigen Lernzielen auch weniger offensichtliche musikalische Felder fördert wie z.B. Stärkung des Rhythmusgefühls, Ensemblespiel, Zuhören, Strukturen erkennen.


Alle Informationen zu meinen neuen Gruppen-Kursen für Anfänger und was meine Schüler über die Kurse sagen, finden Sie hier.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0